Bei der Verlustquellenforschung kommt der Dauer der Außenstände entscheidende Bedeutung zu. Nicht nur, dass die Eintreibungsmaßnahmen wertvolle Arbeitszeit binden, kann damit auch ein erheblicher Zinsenverlust verbunden sein. Bilanzierende zahlen vom Buchgewinn bereits volle Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer bevor der Gewinn wirklich realisiert ist.
Ein präzises Mahnwesen auf Basis einer offenen Postenbuchhaltung trägt zur Risikominderung bei. Für hartnäckige säumige Zahler verbleiben letztlich nur gerichtliche Eintreibungsmaßnahmen in Form einer Klage oder Mahnklage mit gerichtlichem Zahlungsbefehl.
Neuerungen ergeben sich auf Grund der VwGH-Rechtsprechung, wonach Verzugszinsen Einkünfte aus Kapitalvermögen sind und des Zinsrechtsänderungsgesetzes ab 1. August 2002.
Gerichtlicher Zahlungsbefehl
Bis € 10.000,- (ab 1. Jänner 2003 bis € 30.000,-) ist das gerichtliche Mahnverfahren möglich. Aufgrund einer Mahnklage ergeht vom Bezirksgericht ein Zahlungsbefehl ohne materielle Prüfung des Sachverhaltes. Hiermit wird dem Schuldner aufgetragen den offenen Betrag zu bezahlen oder binnen 14 Tagen Einspruch zu erheben. Erfolgt fristgerecht kein Einspruch, erwächst der Zahlungsbefehl in Rechtskraft. Der Gläubiger verfügt dann über einen exekutionsfähigen Titel, ohne dass eine Verhandlung stattfindet oder ein Urteil ergeht, gegen welches Berufung erhoben werden könnte.
Wird allerdings fristgerecht Einspruch erhoben, tritt der Zahlungsbefehl außer Kraft und es beginnt die mündliche Streitverhandlung.
Zu beachten ist, dass die 14-tägige Einspruchsfrist mit der Hinterlegung beginnt und nicht mit der Abholung, was in der Urlaubszeit für den Schuldner fatale Folgen haben kann, wenn ihm der Beweis für eine Abwesenheit nicht gelingt. Der Schuldner wird sich einen Einspruch aber sehr wohl zu überlegen haben, insbesondere wenn der Anspruch zu Recht besteht, da damit unweigerlich erhöhte Verfahrenskosten verbunden sind. Erfahrungsgemäß erwachsen mehr als 90 % der vom Gericht erlassenen Zahlungsbefehle in Rechtskraft.
Mahnphase
In dieser, dem gerichtlichen Verfahren vorausgehenden Phase, können Mahnspesen und Verzugszinsen verrechnet werden. Sind in den allgemeinen Geschäftsbedingungen bzw. bei Geschäftsabschluss die Höhe der Verzugszinsen nicht ausdrücklich vereinbart, können nach ABGB Privatkunden gegenüber höchstens 4 %, nach HGB unter Kaufleuten bisher höchstens 5 % verrechnet werden, es sei denn, es gelingt der Nachweis, dass für die Kreditinanspruchnahme bei der Bank im konkreten Fall ein höherer Zinssatz zu entrichten ist (Schadenersatzsanspruch).
EU-einheitliche Regelung zur Bekämpfung des Zahlungsverzuges im Geldverkehr durch Zinsrechts-Änderungsgesetz
Auf Grund der RL vom 29. Juni 2000, 2000/35 EG sind bis 1. August 2002 die darin enthaltenen Regelungen in nationales Recht umzusetzen. Die Richtlinie ist auf die als Entgelt für Handelsgeschäfte geleisteten Zahlungen beschränkt, gilt aber auch für Freiberufler. Sind weder Zahlungstermin noch Zahlungsfrist vertraglich festgelegt, so sind die Zinsen ab dem 30. Tag nach dem Zeitpunkt des Empfanges der Leistung zu bezahlen.
Die Höhe der Verzugszinsen richtet sich nach den von der Europäischen Zentralbank festgelegten Richtsätzen. In Österreich traten die Änderungen mit dem ZinsRÄG am 1. August 2002 in Kraft. Anstelle des handelsrechtlichen Zinssatzes von 5 % tritt nun der Zinssatz von derzeit 10,75 % p.a. (jeweils 8 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz, der zur Zeit 2,75 % p.a. beträgt). Ziel dieser Maßnahme ist es, den Zahlungsverkehr zwischen Geschäftsleuten zu beschleunigen. Keine Änderung tritt ein bei Verbrauchergeschäften, bei Zahlungen im Scheck- und Wechselrecht und bei Versicherungsgeschäften. Am allgemeinen gesetzlichen Zinssatz von 4 % p.a. ändert sich nichts. Zinseszinsen sind bei ausdrücklicher Vereinbarung oder wenn fällige Zinsen eingeklagt werden in der Höhe von 4 % p.a. - sofern nichts anderes vereinbart ist - zu bezahlen. Dies auch dann, wenn die gesetzlichen Zinsen höher sind. Mahn- und Inkassokosten sind als Nebenforderungen geltend zu machen. Ersatzfähig sind die notwendigen Kosten in angemessener Höhe.
Steuerliche Qualifikation
- Im betrieblichen Bereich
Verzugszinsen stellen seit dem EU-Beitritt laut AÖF 253/1995 nicht umsatzsteuerbaren Schadenersatz dar. Gleiches gilt laut AÖF 118/1997 - ebenfalls seit 1995 - für verrechnete Mahnspesen, sowohl hinsichtlich der Kostenerstattung im gerichtlichen Mahnverfahren als auch für die vom Unternehmer selbst verrechneten Mahngebühren (Rz 21 UStR 2000).
Ertragssteuerlich wirken sich die verrechneten Verzugszinsen und Mahnspesen aber gewinnerhöhend aus.
- Im außerbetrieblichen Bereich
Mit dem Erkenntnis des VwGH vom 19. März 2002, 96/14/0087, kommt es zu einem Paradigmenwechsel in der einkommensteuerlichen Beurteilung von Verzugszinsen. Obwohl im zivilrechtlichen und umsatzsteuerlichen Sinne Verzugszinsen Schadenersatz darstellen, handelt es sich aufgrund der neuen Rechtsprechung im Sinne des § 27 Abs. 1 Z 4 EStG um Einkünfte aus Kapitalvermögen, die nicht endbesteuert sind.
Da gemäß § 39 Abs. 1 EStG für Überschüsse aus Kapitalvermögen eine Freigrenze von lediglich € 22,- p.a.
(S 300,-) vorgesehen ist, und die neue Rechtsauslegung rückwirkend für 5 Jahre (Verjährungszeitraum) anzuwenden ist, entsteht für Personen, welche in diesem Zeitraum Verzugszinsen über der erwähnten Freigrenze im Privatvermögen bezogen haben, die Gefahr der finanzstrafrechtlichen Verfolgung, welche nur mittels Selbstanzeige abgewendet werden kann.
Davon sind auch Personen betroffen, die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit beziehen, weil diese nicht damit rechnen beim Zufluss von Verzugszinsen in die Einkommensteuerpflicht zu fallen. Infolge Verfassungswidrigkeit der rückwirkenden Außerkraftsetzung der vorzeitigen Alterspension wegen Erwerbsunfähigkeit, wird - bei Nachzahlung der Pension samt Verzugszinsen und Vorliegen der Voraussetzungen gemäß § 41 EStG (Überschreitung des Veranlagungsfreibetrages von € 730,- p.a.) - der Empfänger eine Einkommensteuererklärung abzugeben hat. Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die vom Finanzamt erstatteten Gutschriftszinsen - obwohl auch diese nicht KEST-pflichtig sind - gemäß Rz 6173a EStR 2000 nicht einkommensteuerpflichtig sind. Verzugszinsen aus arbeitsrechtlichen Forderungen stellen Vorteile aus dem Arbeitsverhältnis dar und sind daher lohnsteuerpflichtig. Auch für diese gilt hinsichtlich der Höhe die oben angeführte Regelung (derzeit also 10,75 %). Beruht die verzögerte Zahlung des Arbeitgebers aber auf einer vertretbaren Rechtsansicht, fallen nur die gesetzlichen Zinsen (4 %) an.
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